Wissenschaftler haben eine einzigartige Klasse kleiner Antikörper entdeckt, die einen starken Schutz gegen eine Vielzahl von SARS-Coronaviren bieten, darunter SARS-CoV-1 und zahlreiche frühe und aktuelle SARS-CoV-2-Varianten. Die einzigartigen Antikörper zielen auf eine essentielle, hochkonservierte Stelle an der Basis des Spike-Proteins des Virus ab, wo sie es effektiv blockieren und so verhindern, dass das Virus Zellen infiziert. Die in Nature Communications veröffentlichten Ergebnisse bieten einen vielversprechenden Ansatz für die Entwicklung breit wirksamer antiviraler Therapien, die auch gegen zukünftige Virusvarianten wirksam bleiben könnten.
Konzentration auf das Spike-Protein
SARS-CoV-2, das Virus hinter COVID-19, stellt weiterhin eine potenzielle Bedrohung dar, da es sich zu neuen Varianten entwickelt, die gegen derzeit zugelassene Antikörpertherapien resistent sind. Resistenzen entstehen vor allem, weil Antikörper in der Regel auf Virusregionen abzielen, wie beispielsweise die Rezeptorbindungsdomäne des Spike-Proteins, die ebenfalls häufig mutieren und so der Erkennung durch Antikörper entgehen können.
Um dieses Problem anzugehen, untersuchte ein Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Xavier Saelens und Dr. Bert Schepens am VIB-UGent Center for Medical Biotechnology eine andere Strategie, indem es sich auf eine der stabileren Untereinheiten des Spike-Proteins konzentrierte. Die sogenannte S2-Untereinheit ist entscheidend für die Fähigkeit des Virus, sich mit Wirtszellen zu verbinden – ein Prozess, der für die Infektion unerlässlich ist – und sie ist bei verschiedenen Coronaviren stärker konserviert.
Eine molekulare Klammer auf dem Virus
Das Team wandte sich an Lamas (genauer gesagt an ein Lama namens Winter). Lamas produzieren sogenannte Single-Domain-Antikörper, auch bekannt als VHHs oder Nanokörper, die viel kleiner sind als die Antikörper, die von den meisten Tieren, einschließlich Menschen, gebildet werden. Die Forscher identifizierten mehrere Lama-Antikörper, die ein breites Spektrum von SARS-Coronaviren stark neutralisieren.
Was diese Antikörper besonders vielversprechend macht, ist ihre einzigartige Wirkungsweise: Sie wirken wie eine molekulare Klammer. Sie heften sich an die schlecht exponierte, hochkonservierte Region (eine gewundene Spirale aus drei Alpha-Helices) an der Basis des Spike-Proteins des Virus. Dadurch fixieren sie das Spike-Protein in seiner ursprünglichen Form und verhindern physisch, dass es sich zu der Form entfaltet, die das Virus benötigt, um Zellen zu infizieren.
Die Antikörper zeigten bei Labortieren selbst in niedrigen Dosen einen starken Schutz vor Infektionen. Und als die Forscher versuchten, das Virus zur Entwicklung einer Resistenz zu zwingen, hatte das Virus Schwierigkeiten und produzierte nur selten Escape-Varianten, die viel weniger infektiös waren. Dies deutet auf eine wirksame, schwer zu umgehende Behandlungsoption hin.„Dieser Bereich ist für das Virus so wichtig, dass es nicht einfach mutieren kann, ohne sich selbst zu schwächen“, erklärt Schepens, leitender Autor der Studie. „Das verschafft uns einen seltenen Vorteil: ein Ziel, das sowohl essenziell als auch über Varianten hinweg stabil ist.“
Bessere Behandlungen bei COVID
Diese Entdeckung ist ein bedeutender Fortschritt auf der Suche nach dauerhaften und breit wirksamen antiviralen Therapien und gibt Hoffnung auf Behandlungen, die mit der Virusentwicklung Schritt halten können.„Die Kombination aus hoher Wirksamkeit, breiter Aktivität gegen zahlreiche Virusvarianten und einer hohen Resistenzbarriere ist unglaublich vielversprechend“, fügt Saelens hinzu. Diese Arbeit bildet eine solide Grundlage für die Entwicklung von Antikörpern der nächsten Generation, die nicht nur bei der Bekämpfung aktueller, sondern auch zukünftiger Coronavirus-Bedrohungen von entscheidender Bedeutung sein könnten.